Copyright 2015
6.7.2011
Am Mittwoch war der große Tag. Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen, weil ich so großen Respekt vor diesem Moment hatte, indem ich vor meiner Familie stehen würde; den Menschen, mit denen ich ein ganzes Jahr leben werde.
Allerdings kam das Ganze dann so schnell und überraschend, dass man es als „kurz und schmerzlos“ bezeichnen könnte. Ich stand gerade einfach so im Gang und habe etwas aus meiner Koffer geholt und plötzlich riefen drei Stimmen „Polla, Polla!“. Und da stand meine Mutter (die in Wirklichkeit viel freundlicher aussieht, als auf den Fotos), meine kleine Schwester BaoBao und meine Advisorin. Ich war so überrumpelt, dass ich erstmal gar nichts sagen konnte und dann habe ich hilflos einen halbwegs höflichen wai versucht. Allerdings hat mich meine Mutter gleich in den Arm genommen und dann musste sie auch schon weiter zu der Begrüßung der Gastfamilien.
Nach der Begrüßungszeremonie mussten wir dann ganz überstürzt aufbrechen, um meiner andere Schwester von der Schule abzuholen. Deshalb konnte ich mich leider nicht mehr von all meinen neuen Freunden verabschieden aber wieder galt hier: „kurz und schmerzlos“.
Im Auto kam dann die erste Schockwelle. Je weiter wir uns vom Hotel entfernt hatten und je stiller es im Auto wurde, desto mehr wurde mir meine Situation bewusst. Aber es war immer noch keine Angst, sondern eher ein Erstaunen. Da ich meine Emotionen dann nicht mehr so ganz im Griff hatte beschloss ich einfach zu schlafen. Aufgewacht bin ich erst wieder, als wir an meiner Schule angelangt waren. Als ich aus dem Auto ausstieg, war alles wie im Film und ich habe alles gar nicht richtig wahrgenommen; die Schüler in Schuluniform, die mir staunend „fallang, fallang!“ und „beautiful!“ hinterher riefen, der Direktor, der fast noch aufgeregter war als ich und ich selbst, wie ich eine halbe Stunde erklären musste, warum ich „keine Religion habe“.
Abends ist mein Vater extra nach Hause gekommen, um mich zu begrüßen. Eigentlich kommt er nur am Wochenende nach Hause. Allerdings haben wir nicht mehr viel geredet, weil ich unglaublich müde war. Mein Zimmer ist total süß. Sie haben sich solche Mühe gegeben, mir alles Recht zu machen. Ich habe eine Klimaanlage, einen kleinen Schreibtisch (selbst den packen die Thais übrigens in Plastik ein) und ein sehr gemütliches Bett.