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Chantaburi - 20.10.2011
Zurück in meiner Familie erwartete mich vor allem eine emotionale Achterbahn. Manchmal kam es mir völlig unnötig und absurd vor, meine kleinen Schwestern und mein mühsam aufgebautes Leben hier zu verlassen und im nächsten Moment war ich wieder fest davon überzeugt, dass ein erneuter Neuanfang alles besser machen würde.
Am nächsten Tag war ich also schon wieder so erschöpft, dass ich dankend annahm, als Alisa mich anrief um zu fragen, ob ich nicht mit ihr zu dem Ferienhaus ihrer Familie in Chantaburi fahren wollte. Eigentlich wollten sie erst eine Woche später fahren, aber nachdem die Flut schließlich wirklich am kommenden Abend in Nothaburi angesagt war, beschlossen sie, schon vor dem Wochenende loszufahren. Also habe ich nur einen Abend nach meiner "Rückkehr nach Hause" schon wieder meine Koffer gepackt und bin in den Jeep der Prachumkuls geklettert.
Nach dreistündiger Fahrt sind wir mitten im Dschungel angekommen. Das Haus hat Alisas Gastvater in seiner Jugend selbst gebaut, nachdem er von zu Hause abgehauen ist, und es liegt wirklich ausschließlich inmitten von Bäumen aller Art.
Am Donnerstag haben wir einen der berühmtesten und schönsten Tempel besucht. Die Asche eines der berühmtesten Mönche liegt hier begraben, und das Gebäude dient gleichzeitig als Tempel, als Museum und als Kloster für angehende Mönche. Insgesamt 300 Stufen (wir haben gezählt!) müssen erklommen werden, um das glitzernde Gebäude in den Bergen zu erreichen. Drinnen sieht es nicht großartig anders aus als in anderen buddhistischen Tempeln auch, aber ich finde es ist trotzdem ein ganz besonderer Ort. Obwohl ich nicht einmal die Hälfte von den stundenlangen Gebeten verstehe, sitze ich trotzdem immer mit eingeschlafen, tauben Beinen im Schneidersitz, lausche dem Sprechgesang der Mönche und kann so intensiv nachdenken, wie sonst nirgendwo.
Ein Mönch hat Alisa und mir sogar beim Hinausgehen noch ein "geweihtes" Armband geschenkt, das uns jetzt beschützen und Glück bringen wird, solange wir es tragen.
Freitag Nacht habe ich an meinem Geburtstag um Punkt 12 das Paket von Mama und Papa aufgemacht und mich so sehr über das "Stück zu Hause" gefreut.
Außerdem haben Grace und ein Freund von ihr mir einen total süßen, improvisierten Geburtstagskuchen gemacht – einen Stapel aus Toastscheiben, in der Mitte mit einer Kerze und über und über mit grünem Syrup übergossen. Natürlich konnten wir ihn nicht wirklich essen, aber anschließend haben wir eine halbe Stunde lang, nachts um 1 Toast an die Fische im Teich verfüttert, und ich glaube das war das lustigste Erlebnis, dass ich je an meinem Geburtstag hatte.
Am Vormittag sind wir dann im Wasserfall schwimmen gegangen. Ich war fasziniert von dem Wasser, dass so klar war und außerdem so eine unglaubliche Kraft hatte. Und als wir anschließend tropfnass und müde auf der Ladefläche des Pick Ups saßen, den Fahrtwind und Strähnen nassen Haares im Gesicht, dachte ich mir wieder, wie sehr ich jetzt in diesem Moment nirgendwo anders sein will, als hier.
Abends gab es dann eine echte Thai-Sahnetorte. Und obwohl ich kaum einen der Anwesenden kannte und die Väter außerdem alle schon ein wenig Whisky intus hatten, war es ein wunderschöner Geburtstag. Es war so ein schönes Gefühl, wie all diese Menschen, hier am anderen Ende der Welt, die dich kaum kennen, sich so mit dir freuen und so mit dir feiern...