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Drei Ohrfeigen - 14.12.2011

Nach drei wunderschönen Wochen in Chiang Mai war meine Rückkehr „nach Hause“ dann eine recht unsanfte Landung in der Realität.
Allerdings sollte mein Aufenthalt in meiner „Familie“ sich ja auf nur zwei Tage begrenzen und nur dazu dienen, meine Sachen zu packen und mich zu verabschieden. Deshalb habe ich mal wieder versucht, mit so viel positiver Energie und Gelassenheit die beiden letzten Tage anzugehen. Aber dazu ist es ja dann noch nicht mal gekommen. Meine Gastmutter hat mir mitgeteilt, sie hätte keine Zeit mich direkt abzuholen, also habe ich meine Advisorin gebeten, mich früh morgens vom Bus abzuholen. Wie fast zu erwarten war stand ich dann jedoch morgens um 4 plötzlich an der Bushaltestelle, die eigentlich gar keine Bushaltestelle ist, sondern nur eine Einfahrt mitten an der Hauptstrasse, auf der sogar in Thailand morgens um 4 nicht all zu viel los ist, und habe gewartet; und gewartet und gewartet. Nach einer viertel Stunde wurde dann selbst die alte Dame, die mit mir zusammen aus dem Bus ausgestiegen war und die verzweifelt auf jemanden gewartet hatte, von ihrem verschlafenen Sohn auf dem Motorrad abgeholt und dann stand plötzlich nur noch die kleine Paula an der Strasse. Ja und da stand sie dann auch erstmal noch eine Stunde, bis schließlich auch ich eingesehen habe, dass meine Advisorin wohl höchstwahrscheinlich nicht mehr auftauchen würde. Nach weiteren 20 Minuten kam dann zum Glück auch ein leicht angetrunkener TukTuk Fahrer seines Weges. Also stand ich dann schließlich zwei Stunden nach meiner angemeldeten Ankunft vor dem Haus meiner Advisorin und musste feststellen, dass nicht nur Motorrad und Auto seelenruhig in der Garage standen, sondern dass auch alle Fenster sich mit Dunkelheit überbaten. Mit anderen Worten - ich wurde also von zugezogenen Vorhängen und verriegelte Türen und Toren herzlichst begrüßt und wilkommen geheißen...
Nachdem dann auch auf mein mehrfaches Klingeln niemand antwortete habe ich mich gefühlt als würde mir die ganze Welt gerade einfach nur den Mittelfinger ins Gesicht strecken und mich auslachen – ich habe mich so verarscht gefühlt wie selten zuvor.
Das war Ohrfeige Nummer 1.
Abends hat mich dann meine Mutter von meiner Advisorin abgeholt. „Zu Hause“ angekommen bin ich auf schnellstem Wege in mein Zimmer und habe angefangen, mein Leben wieder in den Koffer zu packen. Es war ein seltsames Gefühl, den riesigen Koffer wieder vom Schrank zu holen – wo ich mich noch so genau daran erinnern kann, wie ich ihn dahin gestellt habe mit dem Gedanken „Das nächste Mal wenn ich diesen Koffer verwende ist ein Jahr vorüber, ich bin in dieser Familie richtig zu Hause, meine kleinen Schwestern helfen mir unter Tränen beim Packen und ich denke an all die schönen Momente des Jahres zurück während ich mein Zimmer ausräume...“
Hat alles nicht ganz so funktioniert wie gewünscht, aber so ist das halt mit dem Leben...
Am nächsten Morgen standen wie üblich drei Schüsseln mit Reis und Hünchen auf dem Tisch; die erste war die Mickey Mouse Schüssel meiner kleineren Schwester. In der zweiten war der Reis bereits mit Soße und Gemüse gemischt, wie es meine andere Schwester gerne isst. Aber auch in der dritten und letzten Schüssel war frittiertes Gemüse und Tofu, was ungewöhnlich ist, weil ich jeden Morgen nur Reis mit Hühnchen und Soße esse... Als ich daraufhin meine Schwester fragte, sagte sie nur „Nein die dritte ist für Papa nicht für dich“. An diesem Morgen bin ich also am Frühstückstisch leer ausgegangen und es ist noch nicht einmal jemandem aufgefallen – Ohrfeige nummero 2!
Meine Mutter hat mich dann noch nicht einmal bis zum Haus meiner Advisorin gebracht, sondern mich an der Strasse rausgelassen. Ja und da stand ich dann mit meinem Monsterkoffer und meinen vier anderen Taschen und Tüten, darauf wartend, dass sie aus dem Auto steigt um mich zu verabschieden, als sie schlicht die Tür schließt und davonfährt. Daraufhin war dann auch das letzte Bisschen schlechte Gewissen über ein fehlendes Abschiedsgeschenk meinerseits verschwunden und ich habe mich einfach unendlich leer gefühlt. So gar nichts zurück zu bekommen, wo man dann doch Einiges investiert hat, war mehr als frustrierend. Ich habe den Vormittag damit verbracht, mich zu fragen, as ich wohl falsch gemacht habe, dass sie so gar keine Beziehung zu mir aufbauen konnten wie es scheint...
Nachmittags teilte mir AFS dann netterweise auch noch mit, dass ich wohl doch noch eine Woche in Sriracha bleiben müsse, weil meine neue Gastfamilie noch nicht vorbereitet sei.
Diese Woche habe ich dann abwechselnd im Haus meiner Advisorin, im Sportpark und mit meinen Freunden in der Mall verbracht. Der Abschied von meinen Freundinnen war mit Abstand der Härteste. Es ist tatsächlich schwer in Thailand als blondes Mädchen in der Schule richtige Freunde zu finden, die nicht nur mit dem hübschen weißen Mädchen zusammen gesehen werden oder Fotos machen wollen. Aber ich hatte dann doch irgendwann meine kleine Gruppe Freundinnen die gut Englisch sprechen konnten und mit denen ich ins Kino oder an den Strand gegangen bin und auch in der Schule immer zusammen war. Ich hoffe allerdings, dass ich vielleicht in den Ferien noch mal zurück gehen kann um meine Freundinnen zu besuchen...
Schließlich bin ich dann am Sonntag Morgen mit dem Taxi nach Bangkok gefahren, habe dort den Tag im AFS Büro verbracht und bin dann am Abend mal wieder in einen Bus gestiegen – der Bus, der mich zu meiner neuen Familie, zu meinen neuen Freunden, zu meiner neuen Schule, zu meiner neuen Stadt – zu meinem neuen Leben nach Thung Song in Nakhonsrithammarat ganz im Süden Thailands bringen sollte...

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