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Massage Camp - 18.9.2011
Heute finde ich seid Langem mal wieder die Zeit und innere Ruhe, um mich vor den Computer zu setzen, die letzten Wochen vor meinem inneren Auge Revue passieren zu lassen und ein wenig zu erzählen. Allerdings umfasst dieser Blogeintrag nun fast einen Monat meines Lebens hier und ist dementsprechend umfangreich. Also alle, die nicht wirklich Zeit zum Lesen haben, seien hiermit gewarnt sollten das Lesen vielleicht lieber verschieben.
Kurz bevor ich Mitte September zu meiner Freundin Alisa in Bangkok aufgebrochen bin, ist die Situation mit meiner Familie und vor allem mit meiner Advisorin leider etwas außer Kontrolle geraten. Es wäre zu kompliziert, an dieser Stelle all die Missverständnisse und die Frustration zu erläutern und diese Details gehören sicherlich auch nicht in diesen Blog, aber die Geschehnisse dieses Wochenendes haben mich definitiv zum Nachdenken gebracht und stellen damit leider Einiges in Frage.
Letzten Endes bin ich dann jedoch doch noch am Sonntag, dem 18. September, bei Alisas Gastfamilie in Bangkok angekommen. Es war das erste Mal, dass ich einen direkten Einblick in das Leben einer anderen Gastfamilie bekommen habe und das hat in meinem Fall die Zweifel an meiner eigenen Gastfamilie – und Schule leider noch verstärkt. Aber es war trotzdem unglaublich befreiend, mit Alisa jemanden zu haben, dem ich alles erzählen kann und der nicht nur aufmerksam zuhört, sondern auch wirklich Verständnis zeigen kann. Es fasziniert mich sowieso, wie eng wir mittlerweile befreundet sind, obwohl wir uns erst vor zwei Monaten wirklich kennen gelernt haben.
Am Montag bin ich mit Alisa in ihre Schule gegangen. Sie geht auf eine staatliche Schule in Bangkok und man kann dann bei genauerem Hinsehen doch vor allem bei der Ausstattung und dem Schulgebäude deutliche Unterschiede zu meiner thailändischen Privatschule feststellen. Am nächsten Tag sollte unserer Massage Kurs in Ayutthaya (die ehemalige Hauptstadt in der Nähe Bangkoks) beginnen. Allerdings war, wie immer, der Transport und sogar die Unterkunft noch nicht organisiert. Deshalb haben wir den Tag damit verbracht, zwischen Alisas Gastvater, dem AFS Büro und der Massage Schule hin und her zu telefonieren. Letzten Endes mussten wir die beteiligten „Parteien“ dann sogar ein wenig gegeneinander ausspielen, um unseren Willen durchzusetzen. Aber schlussendlich sind wir noch am selben Abend in Ayutthaya angekommen und haben die Nacht in dem kleinen Gästehaus der Massage Schule verbracht.
Am nächsten Morgen sind wir mit dem Tuk Tuk in die Schule gefahren und haben dort zunächst auf die anderen Kursteilnehmer gewartet. Insgesamt waren wir zu 12. Allerdings waren darunter 8 Italiener und nur 3 Deutsche und eine einsame Belgierin. An sich ist das bei AFS nie ein Problem – nur bei unserer Gruppe schien die internationale Verständigung nicht ganz so zu funktionieren. Die Italiener, froh darüber, endlich wieder in ihrer eigenen Sprachen sprechen zu können, haben sozusagen ihre eigene Gruppe gebildet und uns nur ab und zu notdürftig in ihre Pläne eingeweiht. Trotzdem sind Alisa und ich gleich am ersten Tag in das Hotel der anderen umgezogen. „Tony’s Place“ ist ein wunderschönes, kleines Hotel im Herzen Ayutthayas. Alisa und ich hatten ein Doppelzimmer mit eigenem Bad für 350 Baht pro Nacht (ca. 7 €). Alles ist aus Holz und bepflanzt und sieht eben richtig original thailändisch aus. Allerdings wird es auf Grund dessen auch fast ausschließlich von „Fallangs“ besucht, da Thais ja bekanntlich den westlichen Stil bevorzugen.
Die Massage-Schule an sich war unglaublich spannend. Über die 10 Tage haben wir eine komplette Thai Massage gelernt. Diese umfasst einen Zeitraum von 2 Stunden und beinhaltet über 80 verschiedene Schritte, die alle auswendig gelernt werden müssen. Unsere Kurse hatten wir täglich von 10:00 bis 15:00. Danach ging es meistens mit dem Tuk Tuk zurück ins Hotel für einen kleinen „Mittagsschlaf“ und gegen 18:00 wurde dann (mehr oder weniger) gemeinsam über das Abendprogramm entschieden. Es war toll, so frei entscheiden zu können und die Abende waren trotz der Italiener, die leider einen enormen Alkohol- und Partykonsum an den Tag gelegt haben, immer sehr lustig. Vor allem war es ein ganz neues Gefühl, sich zu Fuß zu bewegen; über Märkte zu schlendern oder auch nur zum nächstgelegenen Supermarkt zu gehen.
Am Samstag hatten wir keine „Schule“ und deshalb haben Alisa und ich uns ein Motorradtaxi geschnappt und sind zum schwimmenden Markt von Ayutthaya gefahren. Es ist nicht nur ein wunderschöner Markt, sondern es ist auch ein Stück von Thailand, das zwar einen kleinen „Disney Land Touch“ hat, aber trotzdem irgendwie sehr pur und echt wirkt und im Gegenteil zu anderen, typischen Touristenattraktionen sogar von zahlreichen Thais besucht, oder vielmehr „benutzt“ wird.
Es war ein wunderschöner Ausflug. Allerdings wurde der Abend dann weniger erfreulich. Zusammen mit 4 Italienern haben Alisa und ich uns Fahrräder gemietet und sind zu einem etwas weiter entfernten Markt gefahren, um dort traditionelle, thailändische Straßenküche zu genießen. Hinterher wollten wir eigentlich noch ein bisschen die Stadt erkunden. Allerdings hatten die Italiener dann wohl doch andere Pläne und sind nach einem kurzen „Alkohol-Einkaufs-Stopp“ zurück ins Hotel, um mit ihren Trinkspielen zu beginnen.
Alisa und ich sind daraufhin alleine noch ein wenig um die Häuser gezogen. Wir saßen allerdings zu zweit auf einem Fahrrad. Deshalb hat Alisa ihr Handtasche in den Fahrradkorb gelegt. Irgendwann hörten wir ein Motorrad hinter uns. Ich sage noch zu Alisa: „Fahr mal weiter links, dass das vorbei fahren kann.“ Und irgendwann war das Motorrad dann auch neben uns, ist aber enorm langsam gefahren. Und dann hören wir noch, wie der Mann vorne etwas über „Fallang“ sagt und lacht. Ja und dann hat er sich eiskalt Alisas Tasche gegriffen. Sie hat noch versucht, sie festzuhalten, aber es war hoffnungslos, weil die beiden ja auf dem Motorrad saßen. Daraufhin sind wir dann erstmal vollkommen geschockt und unter Tränen ins Hotel zurück gefahren.
In der Tasche waren ihr Portemonai, ihr Handy und ihre Kamera – also volles Programm. Es war sogar für mich irgendwie ein krasses Verlustgefühl. Vor allem wirft es ein ganz anderes Licht auf die sonst so freundlichen, aufgeschlossenen Thais und hat uns eine Menge Menschenvertrauen gekostet. Allerdings ist es natürlich auch eine Erfahrung, die sehr lehrreich für uns war; nicht nur haben wir jetzt mit eigenen Augen gesehen, wie dreist diese Diebe sein können, sondern auch der anfangs so überwältigend scheinende Verlust wurde bei näherer Betrachtung immer kleiner. Uns ist nichts passiert und all diese „unentbehrlichen Wertsachen“ sind schon jetzt fast alle wieder ersetzt und man erfährt eben, wie das Leben auch ohne weiter geht...
Die Polizei hat sich mit uns am Telefon für den nächsten Morgen verabredetet. Allerdings war das ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Alisa und ich saßen in dem Büro der Polizei und wussten zwischendurch wirklich nicht, ob wir lachen oder weinen sollen. Erstmal mussten wir natürlich sämtliche Formulare ausfüllen. Dann fing es schon mal damit an, dass die Polizisten meinten, wir dürften nicht in den Bericht schreiben, dass wir sozusagen auf den nächsten Tag „vertröstet“ wurden, weil dann würden sie Ärger mit dem Chef bekommen. Und am Ende meinte die eine Polizistin dann ernsthaft, sie würde uns jetzt mal ihren Facebook Account geben und da würde sie uns dann kontaktieren, falls der Dieb die Tasche per Post an die Polizei sendet. Also alle, die einen Freund bei der Thailändischen Polizei suchen können jetzt auf Facebook „pimpumhotlove@hotmail.com“ auf Facebook eine Freundschaftsanfrage schicken.
Ja und danach waren Alisa und ich erstmal geplättet und mussten uns, zurück im Hotel gleich wieder hinlegen. Ansonsten war vor allem der letzte Tag wirklich schön. Alisa und ich haben uns trotz unseres traumatischen Erlebnisses noch einmal Fahrräder ausgeliehen und sind damit einmal um die Stadt, die durch den Fluss fast eine Insel ist, gefahren. Es war eine tolle Art der Sight Seeing Tour, weil wir einfach an allem vorüber gefahren sind und wenn uns etwas gefallen hat, dann haben wir eben angehalten. Allerdings wurden wir in der Nähe des Flusses dann auch immer öfter mit der Flut oder zumindest den Überresten der Flut konfrontiert.
AFS hat uns im Voraus sogar vor der Flut gewarnt. Direkt in der Stadt war aber von Flut keine Spur. (Als wir das erste Mal zur Massage Schule gefahren sind, habe ich zu Alisa gesagt: „O schau mal Alisa, dort drüben ist die Flut.“ Und Alisa hat nur geantwortet: „Paula, das ist der Fluss. Läuft sogar ne Brücke drüber.“ ) Aber in den kleineren Vororten standen die Häuser dann doch noch halb unter Wasser und die Kinder sind auf der Strasse schwimmen gegangen. Mal wieder sind das Bilder gewesen, die man sonst nur im Fernsehen oder in Büchern oder eben auf Postkarten zu sehen bekommt und so dicht an den kreischenden Kindern und den traurigen, alten Menschen vorbei zu fahren und manchmal sogar mit ihnen zu reden war ein auf seltsame Art und Weise berührendes Gefühl.
Am Freitag sind wir dann wieder zurück zu Alisas Gastfamilie gefahren. Hier werde ich auch noch einige Zeit bleiben, weil meine Familie zur Zeit im Tempel lebt und keiner zu Hause ist, wie mir gestern überraschender Weise mitgeteilt wurde. Und somit genießen Alisa und ich gerade viel Schlaf, gute Bücher, gute Filme und vor allem viel Reden. Ab und zu treffen wir uns auch mit anderen Austauschschülern aus Bangkok, oder unternehmen etwas mit ihrer Gastfamilie. Und ansonsten genießen wir vor allem Essen. Im Siam Paragon in Bangkok haben wir neulich echtes Vollkornbrot entdeckt und seit dem gibt es hier Brot in allen Variationen.